

Alarmstufe rot: Zerstörung tropischer Urwälder laut Studie auf höchstem Stand seit 2002
"Alarmstufe rot": Angesichts des fortschreitenden Klimawandels hat die Zerstörung tropischer Urwälder laut einer Studie im vergangenen Jahr den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahrzehnten erreicht. Wie die Forschungsorganisation World Resources Institute (WRI) am Mittwoch mitteilte, wurden 2024 insgesamt 6,7 Millionen Hektar Tropen-Urwald zerstört und damit eine Fläche von der Größe Panamas. Dies sei der höchste Stand seit dem Beginn der Erhebung entsprechender Daten im Jahr 2002.
"Dieses Ausmaß der Zerstörung tropischer Wälder ist vollkommen beispiellos in mehr als 20 Jahren der Datenerhebung", erklärte WRI-Co-Direktorin Elizabeth Goldman. "Das ist weltweit Alarmstufe rot."
Der Bericht konzentriert sich auf Tropenwälder, die am stärksten bedroht und besonders wichtig für die Artenvielfalt und die Speicherung des Treibhausgases CO2 sind. Das WRI wertete dafür zusammen mit der University of Maryland aktuelle Daten der Plattform Global Forest Watch aus, die seit 2002 Information zur Zerstörung tropischer Urwälder zusammenträgt. Demnach wurde vergangenes Jahr minütlich eine Fläche von der Größe von 18 Fußballfeldern zerstört. Im Vergleich zu 2023 sei dies ein Anstieg um 80 Prozent.
Fast die Hälfte der Zerstörungen geht der Studie zufolge auf Brände zurück. Sie sind damit erstmals ein wichtigerer Faktor für die Tropenwaldzerstörung als die Landwirtschaft. Durch die Waldbrände wurden nach Erkenntnissen der Experten 3,1 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre freigesetzt. Das ist etwas mehr als die jährlichen Emissionen des Energiesektors von Indien.
Auch wenn Waldbrände durchaus natürliche Ursachen haben können, werden laut WRI die meisten Feuer in Tropenwäldern vom Menschen verursacht. Überdies trägt der von Menschen gemachte Klimawandel zu häufigeren und intensiveren Waldbränden bei.
2024 war weltweit das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wissenschaftler führen die Rekordtemperaturen auf den fortschreitenden Klimawandel zurück, der insbesondere durch die weiterhin massive Nutzung fossiler Energieträger verursacht wird, sowie auf das Klimaphänomen El Niño.
Allein Brasilien registrierte vergangenes Jahr die Zerstörung von 2,8 Millionen Hektar Urwald, zwei Drittel davon durch Brände. Diese würden oft gelegt, um Platz für den Anbau von Soja oder für Viehweiden zu machen, erläuterte das WRI.
2023 hatte Brasilien noch relativ gute Daten zur Waldentwicklung vorlegen können, weil Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva im ersten Jahr seiner neuen Amtszeit Schutzmaßnahmen verfügte. "Dieser Fortschritt wird weiter durch die Expansion der Landwirtschaft bedroht", warnte WRI-Forscherin Sarah Carter. Besonders stark von den Waldzerstörungen betroffen war das brasilianische Amazonas-Gebiet. Dort erreichten die Zerstörungen den größten Umfang seit 2016.
Die WRI-Zahlen, die alle Ursachen für die Waldzerstörung einbeziehen, stehen im Widerspruch zu denen des brasilianischen Waldmonitors MapBiomas, die vergangenen Donnerstag vorgelegt worden waren. Demnach war die Entwaldung in Brasilien 2024 zurückgegangen. Der Schutz der Wälder als wichtige CO2-Speicher gehört zu den Prioritäten der brasilianischen Präsidentschaft bei der diesjährigen UN-Klimakonferenz (COP30), die im November in der Amazonas-Metropole Belém stattfindet.
Den zweiten Platz auf der Rangliste der weltweiten Tropenwald-Zerstörung belegt laut WRI Brasiliens Nachbarland Bolivien, wo vergangenes Jahr drei Mal so viel Wald zerstört worden sei wie im Vorjahr. Hauptfaktor seien auch dort Brände gewesen. Ein Großteil davon seien gelegt worden, um Platz für "Bauernhöfe von industriellem Ausmaß" zu machen, heißt es in der Studie.
Auch im Kongo und in der Demokratischen Republik Kongo hat sich die Lage der Studie zufolge 2024 deutlich verschlechtert. Immerhin in den südostasiatischen Ländern Indonesien und Malaysia verbesserte sich der Schutz der Tropenwälder.
Die Verdrängung von Tropenwäldern ist historisch gesehen insbesondere auf vier Produkte zurückzuführen: Palmöl, Soja, Rindfleisch und Holz. Während es in manchen Bereichen wie dem Palmöl Verbesserungen in puncto Walderhalt gab, treten mit der erhöhten Nachfrage nach anderen Produkten wie Avocados aus Mexiko oder dem vermehrten Anbau von Kakaobohnen und Kaffeebohnen neue Probleme auf.
Die Ursachen für die Waldzerstörung blieben also "nicht immer dieselben", erklärte Rod Taylor, Leiter des WRI-Waldprogramms. So bereiteten mittlerweile auch der Bergbau und die Nachfrage nach bestimmten Metallen verstärkt Probleme.
F.De Luca--GdR