Frankreich: Regierung plant Sondergesetz zur Übertragung des aktuellen Haushalts auf 2026
Nach dem Scheitern der Haushaltsverhandlungen im französischen Parlament bereitet die Regierung ein Sondergesetz vor, um den aktuellen Haushalt in das kommende Jahr hinein zu verlängern. Premierminister Sébastien Lecornu nahm am Montag Beratungen mit Vertretern mehrerer Parteien darüber auf. Das Sondergesetz sollte am Abend im Kabinett vorgestellt werden.
Die Kabinettssitzung war für 19.30 Uhr angesetzt, nach der Rückkehr von Präsident Emmanuel Macron von einem Besuch bei französischen Soldaten in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Sondergesetz soll am Dienstag von beiden Kammern des Parlaments verabschiedet werden.
Haushaltsministerin Amélie de Montchalin mahnte die Abgeordneten, bis Ende Januar einen Kompromiss für den Haushalt 2026 zu finden, der auch Steuererhöhungen umfasse. Ziel sei es, "einen echten Haushalt zu haben, nicht nur einen Minimalhaushalt", sagte sie am Sonntagabend dem Sender BFM. Montchalin und Wirtschaftsminister Roland Lescure sollten am Montagabend und am Dienstag von den Abgeordneten zu dem Sondergesetz befragt werden.
Unterdessen mehrten sich Stimmen, die vom Premierminister den Einsatz des umstrittenen Artikels 49.3 verlangen, der eine Verabschiedung des Haushalts ohne abschließende Abstimmung ermöglichen würde. Dazu müsste die Regierung eine anschließende Vertrauensabstimmung überstehen. Lecornu hatte sich jedoch verpflichtet, diesen Artikel nicht einzusetzen. Mit dessen Hilfe war der Haushalt der vergangenen beiden Jahre durch das Parlament gebracht worden.
Der Chef der französischen Zentralbank, François Villeroy de Galhau, hatte die Übertragung des Haushalts auf 2026 als eine "sehr kurzfristige Lösung" kritisiert. Sie berge das Risiko, das Defizit weiter zu vergrößern. "Mit einem Defizit von mehr als fünf Prozent (des Bruttoinlandsprodukts) wird es für Frankreich gefährlich", warnte er in der vergangenen Woche.
Montchalin hatte die Kosten für eine Verschiebung des Haushalts um bis zu zwei Monate auf etwa zwölf Milliarden Euro beziffert.
Frankreich steht unter Druck, seine Staatsfinanzen zu sanieren. Lecornu hatte Mitte Oktober seinen ersten Haushaltsentwurf vorgestellt, mit dem er das Defizit auf 4,7 Prozent des BIP senken wollte. In seiner jüngsten Fassung wäre es auf ein Defizit von 5,3 Prozent hinausgelaufen.
Frankreich verzeichnet derzeit eine Rekordverschuldung in Höhe von 3,5 Billionen Euro, das entspricht 117 Prozent des BIP. Für 2025 wird mit einem Defizit von 5,4 Prozent gerechnet. Zwei Rating-Agenturen hatten die Kreditwürdigkeit Frankreichs zuletzt herabgestuft.
Im Streit um den Haushalt sind in Frankreich bereits zwei Regierungschefs gestürzt worden. Lecornu hatte aus demselben Grund seinen Rücktritt eingereicht, wurde dann aber wieder von Macron ernannt.
S.Esposito--GdR