

Waffenruhe-Abkommen in Gefahr: Israel und Hamas beschuldigen sich gegenseitig
Nicht einmal zwei Wochen nach seinem Inkrafttreten ist das Waffenruhe-Abkommen für den Gazastreifen schon wieder in Gefahr. Israel und die radikalislamische Hamas warfen sich am Sonntag gegenseitig Verstöße gegen die Vereinbarung vor. Zugleich flog Israel eine Serie von Luftangriffen, bei denen nach Hamas-Angaben im Gazastreifen dutzende Menschen verletzt wurden. Israel meldete den Tod von zwei seiner Soldaten und untersagte bis auf Weiteres alle humanitären Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet.
Die Grenzübergänge zu dem Palästinensergebiet seien für Hilfstransporte geschlossen worden, teilte am Sonntagabend ein israelischer Sicherheitsvertreter mit, der anonym bleiben wollte. Hilfslieferungen für die Bevölkerung im Gazastreifen sind eigentlich Teil des am 10. Oktober in Kraft getretenen Abkommens zwischen Israel und der Palästinenserorganisation Hamas. Sie waren unmittelbar nach der Einigung auch angelaufen - nun wurden sie bis auf weiteres gestoppt.
Der israelische Sicherheitsvertreter begründete die Maßnahme gegenüber der Nachrichtenagentur AFP damit, dass die Hamas gegen das Waffenruhe-Abkommen verstoßen habe. Zuvor hatte bereits Regierungschef Benjamin Netanjahu der Hamas einen "Bruch der Waffenruhe" vorgeworfen und die Armee angewiesen, "mit aller Härte" gegen "terroristische Ziele im Gazastreifen vorzugehen".
Die Hamas stritt die Vorwürfe ab und warf ihrerseits Israel Verstöße gegen die Feuerpause vor. Nach Angaben des von der islamistischen Palästinenserorganisation kontrollierten Zivilschutzes im Gazastreifen wurden bei den israelischen Angriffen am Sonntag in verschiedenen Teilen des Palästinensergebietes mindestens 33 Menschen getötet.
Die israelischen Streitkräfte erklärten zu den Angriffen, sie hätten "dutzende" Ziel der Hamas im gesamten Gazastreifen attackiert, darunter Waffenlager und unterirdische Anlagen. Unter anderem sei "eine Serie von Angriffen gegen Hamas-Terrorziele im südlichen Gazastreifen" geflogen worden. Dies sei eine "Antwort auf die eklatante Verletzung der Waffenruhe" durch die Hamas.
"Terroristen" hätten "Panzerabwehrraketen abgefeuert" und das Feuer auf israelische Soldaten eröffnet, erklärte das Militär. Daraufhin habe die israelische Armee in Rafah an der Grenze zu Ägypten mit Luftangriffen durch Kampfjets und mit Artilleriebeschuss reagiert.
Ein palästinensischer Augenzeuge in Rafah berichtete AFP, es habe Gefechte gegeben, auf die zwei Luftangriffe durch ein israelisches Flugzeug erfolgt seien. Am Abend dann gab die israelische Armee bekannt, dass bei Gefechten im Süden des Gazastreifens zwei Soldaten getötet worden seien.
Verteidigungsminister Israel Katz drohte der Hamas, sie werde "einen hohen Preis zahlen" für "jeden Schuss" auf israelische Soldaten und "jeden Bruch der Waffenruhe". Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich schrieb im Onlinedienst X: "Krieg!" Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir forderte die Armee auf, die Kämpfe im Gazastreifen wieder voll aufzunehmen.
Gemäß des von US-Präsident Donald Trump vermittelten 20-Punkte-Plans gilt im Gazastreifen seit dem 10. Oktober eine Waffenruhe. Die israelische Armee hat sich teilweise zurückgezogen und kontrolliert nun etwa die Hälfte des Gazastreifens, einschließlich der Grenzen - jedoch nicht die wichtigsten Städte.
Die Hamas hat ihrerseits wie vereinbart 20 in das Palästinensergebiet verschleppte Geiseln freigelassen. Von den 28 toten Geiseln, die laut dem Abkommen ebenfalls hätten zurückgegeben werden müssen, sind jedoch erst zwölf wieder in Israel. Am Sonntag kündigte die Hamas an, dass sie noch im Laufe des Tages eine weitere tote Geisel übergeben werde - "wenn die Bedingungen vor Ort es zulassen".
Netanjahu bekräftigte seinerseits, dass Israel auf der Entwaffnung der Islamisten bestehe. In einem Interview mit dem israelischen Fernsehsender Channel 14 verwies er darauf, dass die zweite Phase des Waffenruheabkommens die "Entwaffnung der Hamas und die Entmilitarisierung des Gazastreifens" beinhalte. Die Hamas lehnt ihre Entwaffnung strikt ab.
S.Monti--GdR