

Tunesier erschossen: Franzose bestreitet rassistisches Motiv
Nach tödlichen Schüssen auf einen Tunesier und fremdenfeindlichen Äußerungen in Onlinediensten hat ein 53 Jahre alter Franzose die Tat gestanden. Der Mann habe bei der Anhörung durch einen Untersuchungsrichter jedoch ein rassistisches oder terroristisches Motiv bestritten, teilte die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit.
Sie beantragte ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes mit terroristischem Hintergrund wegen der Zugehörigkeit des Opfers zu einer bestimmten Religion oder Volksgruppe. Es ist das erste Mal in Frankreich, dass sich die auf Terrorismus spezialisierte Staatsanwaltschaft mit einem mutmaßlich rechtsextremen Mörder befasst.
Der 53-Jährige hatte am Samstagabend in alkoholisiertem Zustand von seinem Auto aus mehrfach auf seinen tunesischen Nachbarn geschossen. Anschließend schoss er auf zwei türkische Nachbarn, von denen einer an der Hand verletzt wurde.
Zuvor hatte der Täter in einem Video auf Facebook die Botschaft verbreitet: "Franzosen, wacht auf. Sucht sie dort, wo sie sind", sagte er mit Blick auf Muslime, die er mit einem abfälligen Wort bezeichnete. Er schwöre einen Eid auf "blau-weiß-rot", sagte er in Anspielung auf die französische Flagge.
Nach der Tat veröffentlichte er mehrere weitere Videos, in denen er sich rühmte, "zwei, drei Scheißtypen aus dem Weg geräumt" zu haben. Der Regierung warf er vor, die Bevölkerung nicht zu schützen, da sie Ausländer nicht zurückzuschicke.
Auf seinen Onlinekonten fanden sich über Jahre hinweg zahlreiche Hassbotschaften, in denen er Araber, Muslime oder auch die französische Regierung angriff. Immer wieder zeigte er auch seine Sympathie für die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN).
Sein Fall illustriere die "Perversität des Diskurses des RN", schrieb die Zeitung "Le Monde" in einem Leitartikel. Hinter der von Fraktionschefin Marine Le Pen errichteten "Fassade der Respektabilität" gebe es die Hassbotschaften ihrer Anhänger. Die Darstellung der Einwanderung als "Überflutung" motiviere manche dazu, ihren Hass in Taten umzusetzen.
Frankreichs Innenminister Bruno Retailleau bezeichnete die Tat als "eindeutig rassistisch und antimuslimisch".
Bei dem Opfer handelte es sich um einen 45 Jahre alten Frisör, der in seinem Viertel nach Aussagen von Anwohnern bekannt und beliebt war. Nach Informationen französischer Medien war er 2011 aus Tunesien nach Europa gekommen. Zuletzt lebte im Gewerbegebiet von Puget-sur-Argens im Hinterland der Côte d'Azur, wo die Kandidatin des RN bei der jüngsten Parlamentswahl auf knapp 60 Prozent der Stimmen gekommen war.
Ende April hatte bereits ein tödlicher Messerangriff auf einen Malier in einer Moschee im Süden Frankreichs Aufsehen erregt. Der Täter hatte mit einem Messer mehr als 50 Mal auf sein Opfer eingestochen und die Tat mit seinem Mobiltelefon gefilmt. Dabei machte er islamfeindliche Bemerkungen. Nach seiner Festnahme bestritt er jedoch ein islamfeindliches Motiv.
L.Ferrari--GdR